Hamburg.Mitte Juni unternimmt die Familie an einem sonnigen Samstag einen Ausflug. Herren tragen gedeckte Anzüge und selbst die Jüngsten der Reisegruppe tragen Sakko und Krawatte. Damen in festlicher Kleidung; In ihren Taschen tragen sie breitkrempige Hüte, die häufiger bei den Pferderennen in Ascot oder dem Horn Derby zu sehen sind. Eberhart und Heinrich von Rantzau fahren morgens mit Frau und Kindern, Freunden und Geschäftspartnern vom Hamburger Flughafen nach Rotterdam. Die Familie will das Schiff taufen – ihr neues Flaggschiff. Aber die Wirtschaft läuft, kein Schick.
Nach einer zweistündigen Fahrt versammeln sich alle am Kreuzfahrtterminal in Rotterdam. Es treffen etwa 200 Gäste ein, Mitarbeiter der niederländischen Niederlassung der Reederei John T. Essberger und ihre Begleiter. Draußen liegt der rote Chemikalientanker Caroline Essberger. Er wurde nach Eberhart von Rantzaus zehnjähriger Tochter Caroline benannt. Er beherrscht es ebenso souverän wie Vorworte auf Englisch. Anschließend feiert die Gruppe bei Snacks, Wein und Bier, Kaffee und Kuchen bis zum Nachmittag. Familienurlaub am Meer.
In den letzten Jahren haben deutsche Reeder neue Schiffe getauft und segeln lassen, vor allem Containerschiffe, die während des Booms des Welthandels einen immer größeren Warenstrom um die Welt befördern. Versicherer mit Transportfonds hatten zuvor erhebliche Kapitalbeträge von Investoren aus dem ganzen Land eingesammelt. Vor allem in Südkorea und China wurden Milliarden Euro in Werften investiert und gebaut – Zahlen, die während der globalen Wirtschafts- und Schifffahrtskrise in den Bilanzen von Banken und Fonds auftauchten.
Heinrich und Eberhart von Rantzau verzichteten darauf. Mit einem Preis von 20 Millionen Euro ist die 123 Meter lange „Caroline Essberger“ der erste neue Öltanker der Reederei seit langem. Der Fuhrpark wird ständig, aber sorgfältig erneuert. Mit der Containerlinie Deutsche Afrika-Linien (DAL) zwischen Europa und Südafrika und der Reederei John T. Essberger, die Tanker und Massengutfrachter betreibt, agiert Rantzau häufig in Marktnischen. Sie wollen dort bleiben. „Wir verdienen Geld mit Schiffen, nicht mit Schiffen“, sagt Eberhart von Rantzau über einen Schifffahrtsmarkt, der seit Jahren durch billiges Kapital aufgepumpt wird und dessen Überkapazitäten 2008 und 2009 Reedereien weltweit in die Krise stürzten.
Die DAL/John T. Essberger-Flotte besteht aus 34 Tankern und Frachtern. Das ist nicht viel im Vergleich zu den vielen anderen Reedereien, die in den letzten Jahren zu großen Reedern in Hamburg geworden sind. „Als traditioneller Reeder wäre es uns lieber, wenn nur solche Schiffe bestellt und auf den Markt gebracht würden, die auch wirklich benötigt werden und auf herkömmliche Weise finanziert werden“, sagt Heinrich von Rantzau. Nutzen Sie im Zweifelsfall Ihr eigenes Kapital statt fremdem. Diese Kritik, sagt Eberhart von Rantzau, zielt auf „bestimmte Spektren dieser Branche“, insbesondere auf „einige Emittenten und Fonds, die sich spekulativ sehr weit aus dem Fenster gelehnt haben“.
Wenige Tage nach der Taufe sitzen die Brüder in einem Büro in der Zentrale zweier Reedereien in Palmaille, Altona. Während des wirtschaftlichen Aufschwungs der letzten Jahre gaben andere Reeder den Bau eines neuen Firmensitzes in Auftrag, groß, leicht und anspruchsvoll. Es wird von dunklem Holz, schweren Schiffsgemälden und dicken Teppichen dominiert. Altmodisch wirkt das Design, vor allem aber die Unternehmensphilosophie, wenn man es vor dem Hintergrund des ungebremsten Booms des Schifffahrtsmarktes im letzten Jahrzehnt betrachtet: „Auch viele andere Reedereien können sich die ‚Hardware‘-Schiffe ansehen“, heißt es Heinrich von Rantzau. „Aber darüber hinaus bieten wir unseren Kunden einen sehr persönlichen Service. Viele große Reedereien machen das nicht, weil sie sich bei Großaufträgen nicht mehr die Zeit nehmen, sich ausführlich um ihre Kunden zu kümmern.“
Die Brüder von Rantzau arbeiten mit zwei Transportunternehmen zusammen. Spektakuläre Wachstumssprünge sind weder im Containertransport nach Afrika noch im Tanktransport zu erwarten. Die meisten afrikanischen Länder hinken den Entwicklungen in Europa, Amerika und Asien weit hinterher: „Grundsätzlich dürfte sich daran auch in naher Zukunft nichts ändern“, sagt Heinrich von Rantzau. Andererseits kommt es in der Chemietankschiffindustrie auf maximale Sicherheit an. Ein einziger Fehler, der zu einem Unfall führt, kann eine Reederei ruinieren. „Wir haben uns auf das komplexeste und teuerste Marktsegment der Tankschifffahrt konzentriert“, sagt Eberhart von Rantzau. „Allerdings sind unsere Schiffe dadurch die teuersten. Der Wettbewerb entscheidet darüber, welcher Reeder in dieser Branche die höchsten Sicherheitsstandards und die beste Ausbildung seiner Besatzungen bietet.
Die Gebrüder von Rantzau beschäftigen in ihrer Zwillingsreederei rund 1.300 Mitarbeiter, davon gehen 1.000 zur See. Die Unternehmensgruppe erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 300 Millionen Euro und „einen Verlust, den wir alleine verkraften können“, sagt Eberhart von Rantzau.
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Eine familiengeführte Reederei steckt in der Krise. Der Großvater der Brüder, John T. Essberger, gründete das Unternehmen Anfang der 1920er Jahre und kaufte bald darauf die traditionsreiche Reederei Deutsche Afrika-Linien. Der in Großbritannien geborene Essberger wurde vor dem Ersten Weltkrieg eingebürgert und befehligte während des Krieges Torpedoboote der kaiserlichen Marine. In der Zwischenkriegszeit entwickelte es sich zum berühmtesten deutschen Reeder. Als Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) war er der „Führer der deutschen Schifffahrt“ im Dritten Reich. Aber er war kein Nazi, was er glaubhaft beweisen konnte.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging die Essberger-Flotte verloren. Doch John T. Essberger baute es wie in der Zwischenkriegszeit wieder auf und belebte es zum größten privaten Reeder Deutschlands. Nach seinem Tod im Jahr 1959 übernahm seine Tochter Liselotte von Rantzau-Essberger, Mutter von Heinrich und Eberhart von Rantzau, das Unternehmen. Sie führte das Unternehmen durch eine weitere Situation, die sein Überleben bedrohte. Anfang der 1970er Jahre, kurz vor der ersten Ölkrise, investierte eine Reederei in zwei große Tanker. Sie gelangten nie in das Unternehmen und wurden 1975 entladen in Gelting Bay eingelagert. Anschließend verkaufte die Reederei die Schiffe – und verabschiedete sich aus diesem Segment der Öltankerschifffahrt.
Eberhart von Rantzau verheimlicht die Versäumnisse des Reedereikonzerns nicht. Anfang Juni sprach er im Hafen-Klub auf St. Pauli-Landungsbrücken, der wichtigste Treffpunkt der Hamburger Schifffahrtsbranche, über die Unternehmensgeschichte und aktuelle Marktentwicklungen. Die Ölkrisen und Tanker der 1970er und frühen 1980er Jahre seien „eine Lektion, die Reeder nur einmal im Leben lernen wollen“. In den 1980er Jahren übernahmen die Brüder von Rantzau die Leitung von Reedereien und verorteten diese in den Branchen, in denen sie bis heute tätig sind. Eberhart von Rantzau sagte, man habe die „Lektion“ von damals gründlich gelernt: „Die Situation der Öltankschifffahrt in jenen Jahren lässt sich nicht direkt mit der Situation der Containerschiffe heute vergleichen, aber hier liegt der Kern des Problems: Nämlich „In seiner Blütezeit, in jeder Hinsicht und glaube, dass der Markt irgendwie in den Himmel wachsen wird“, sagte er im Hafenclub. Das Publikum applaudierte lange.
Doch auch bei konservativer Unternehmensführung ist man nicht vor Misserfolgen gefeit. Die Reederei John T. Essberger hat vier Chemikalientanker bei einer türkischen Werft bestellt. Es sei von Anfang an klar gewesen, dass die Türken nicht die vereinbarte Qualität lieferten und die Termine nicht einhielten, sagte Eberhart von Rantzau gegenüber dem Hafen-Klub. Drei Tanker konnte die Reederei absagen. Vor ihrer Taufe musste „Caroline Essberger“ in Rotterdam aufwendig repariert werden.
Die Aussicht auf einen Übergang zur nächsten Generation zeichnet sich allmählich ab
Eberhart und Heinrich von Rantzau wollen ein „profitables, langfristig orientiertes“ Transportunternehmen führen. Oder vielleicht bald mit der nächsten Generation. Heinrich von Rantzau ist 66, sein Bruder 62. „Wer später eine Schlüsselrolle in unserem Unternehmen übernimmt, muss sich zunächst in einem anderen Unternehmen, am besten in der Speditionsbranche, qualifizieren“, sagt Heinrich von Rantzau in der Firmenzentrale. „Es ist höchste Zeit, dass sich das mit dem Alter herauskristallisiert.“ Die Brüder haben vier Söhne und eine Tochter: „Drei haben potenzielle Interessen und einer ist sehr spezifisch. Daran knüpft er auch konsequent seine Ausbildung an“, sagt Heinrich von Rantzau. Er bestätigt nicht, dass es sich um seinen Sohn Georg handelt.
Diskretion gehört zum Familienunternehmensmodell. Von Rantzau sind wohlhabende Menschen mit umfangreichen Vermögen im In- und Ausland. Sie sind sozial und sozial engagiert und die Nachfrage nach Einladungen zu den „African Nights“ der Deutschen Afrika Linien für Mitarbeiter, Kunden und Besucher ist groß. Aber sie stellen ihren Reichtum nicht zur Schau und gehen ihren täglichen Angelegenheiten nicht nach. „Dass Menschen sich gerne bedeutungsvoll machen, ist auch Zeitgeist“, sagt Eberhart von Rantzau. „Normalerweise liest man in den Zeitungen nichts über international erfolgreiche Reeder, denken Sie an einige in Griechenland. Vor allem über ihre Yachten oder Reetdachhäuser. So nennt jemand teure und beliebte Reetdachhäuser nur, wenn er etwas viel Besseres weiß.
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